Hintergrundinformationen zum Slogan: "Ich hab die Richtige im Internet gefunden."
Chatten und die Kommunikation per Internet ist für viele Jugendliche besonders faszinierend. Durch die häufig geforderte Selbstdarstellung in sozialen Netzwerken und bei anderen Angeboten beschäftigen sie sich mit ihrer Identität, setzen sich mit ihr auseinander und spielen damit. Nirgends ist es so einfach, andere und neue Rollen einzunehmen und auszuprobieren. Grenzen können ausgetestet werden, neue Erfahrungen sind möglich. Die Anonymität schafft einen Raum, Kontakte zu knüpfen, die sonst verwehrt geblieben wären.
Wer welche sozialen Netzwerke und Angebote im Internet nutzt, hängt häufig vom Alter, der Region und der Schulform der Jugendlichen ab. Manche nutzen ausschließlich soziale Netzwerke, um miteinander zu kommunizieren, andere besuchen die klassischen "Web-Chats" oder verwenden "Instant-Messenger". Jugendliche benutzen übrigens gerne für alle Arten der Kommunikation das Wort "chatten".
Bei den Webchats handelt es sich um die ursprüngliche Form des Chattens. Es gibt Chats, die gut für Jugendliche geeignet sind (zum Beispiel Beepworld). Andere weisen ein hohes Risiko auf (zum Beispiel Knuddels). Hier können sich die Chatter gleichzeitig unterhalten. Webchats lassen sich über den Internetbrowser des Computers öffnen. Sie sind nicht fest auf dem PC installiert. Tippt man einen Text in eine Eingabezeile ein und schickt diesen ab, sind die Gespräche für alle Anwesenden lesbar. In vielen Chats kann man sich aber auch mit anderen Chattern privat unterhalten. Die Gespräche können von keinem anderen mitgelesen werden, daher nennt man dies auch "flüstern". In einigen Chats gibt es Moderatoren/-innen. Diese sind besonders gekennzeichnet und können angesprochen werden, wenn sich jemand beleidigt oder belästigt fühlt. Sie können Teilnehmer-innen, die sich nicht an die Regeln halten, aus dem Chat verweisen.
Instant Messenger sind Programme wie zum Beispiel ICQ, Skype und MSN. Mit ihnen können Nachrichten schnell über das Internet verschickt werden. Die persönliche Kontaktliste informiert jederzeit darüber, wer gerade online ist. Messenger kann man kostenlos downloaden und auf dem Computer installieren. Zudem muss man sich registrieren. Mit Messengern lassen sich Nachrichten senden, die ein anderer Nutzer/eine andere Nutzerin sofort erhält, wenn er/sie online ist. In der Regel finden die Gespräche zu zweit statt. Es gibt aber auch die Möglichkeit, mit mehreren Kontakten ein gemeinsames Gespräch zu führen. Außer dem Chat bieten Instant Messenger auch die Möglichkeit, Dateien (Fotos, Videos, Texte) auszutauschen, die Webcam zu benutzen, über das Internet zu telefonieren und mit anderen Nutzern kleinere Online-Spiele zu spielen. Genau hier ist Vorsicht angesagt! Sie bergen ein hohes Risiko, zum Beispiel pornografische Fotos geschickt zu bekommen oder dass Aufnahmen von Webcams mitgeschnitten und weitergegeben werden.
Soziale Netzwerke
Soziale Netzwerke, die so genannten Social Communities (zum Beispiel schülerVZ, lokalisten und facebook) ermöglichen es, mit Freunden in Kontakt zu bleiben und sich auszutauschen. Nutzer/-innen können sich untereinander Fotos und Videos zeigen und in Gruppen über bestimmte Themen diskutieren. Innerhalb dieser Netzwerke kann man auch mit Freunden Online-Spiele spielen und mit ihnen chatten. Obwohl Communities das Gefühl vermitteln, die Nutzer/-innen seien unter sich, kann so ziemlich jeder einsehen, welche Angaben eine Person über sich macht (Profil). Spätestens dann, wenn er auf der Kontaktliste ist und zu den so genannten "Freunden" gehört. Wer sich hinter diesen "Freunden" verbirgt, ist allerdings oft nicht klar. Man kann nicht wissen, was andere mit diesen persönlichen Informationen, Bildern und Videos anfangen. Auch Arbeitgeber schauen im Internet nach Profilen von Bewerbern. Fotos, Gruppenzugehörigkeiten und Pinnwandeinträge können einen schlechten Eindruck hinterlassen.
Kommunikation im Internet bietet zahlreiche Möglichkeiten. Neben den Chancen gibt es aber auch Gefahren, die von Kindern und Jugendlichen oft nicht als solche eingeschätzt werden. Ihnen fehlt häufig das gesunde Maß an Misstrauen gegenüber Internet-Kontakten. Außerdem können sie Täterstrategien oft nicht als solche erkennen.
Welche Gefahren können das sein?
- Konfrontation mit beleidigenden, rassistischen oder sexistischen Inhalten
Bereits durch das Lesen zweifelhafter Begriffe und Anfeindungen können Kinder und Jugendliche beschämt oder verunsichert werden.
- Kontakte zu Pädokriminellen, sexuelle Belästigung oder Übergriffe
Ein großes Problem besteht in sexuellen Übergriffen beziehungsweise dessen Vorbereitung im Chat. Betroffen sind überwiegend junge Mädchen. Die Täter sind nicht unbedingt fremde Erwachsene. Die Übergriffe können auch von anderen, meist etwas älteren Jugendlichen ausgehen.
- Cyber-Mobbing
Beim Mobbing über Medien, also Handy, Computer und vor allem das Internet, verbreiten die meist bekannten Täter böse Gerüchte über die betroffene Person und sorgen dafür, dass sie aus (realen) Gruppen ausgeschlossen werden. Das Opfer wird öffentlich bloßgestellt und schikaniert, peinliche Bilder oder Filme werden weiterversandt oder veröffentlicht. Diese Art des Mobbings ist besonders schlimm, weil es sich nicht auf die Schule beschränkt, sondern auch zu Hause, in der Freizeit und praktisch überall und öffentlich stattfindet. Gerüchte, Beleidigungen und Bloßstellungen verbreiten sich über Medien besonders schnell. Weil sie häufig in schriftlicher Form vorliegen, sind sie besonders beständig und können immer wieder angesehen werden - vom Opfer und von anderen.
- Missbrauch persönlicher Daten und kompromittierende Inhalte
Einmal eingestellte Inhalte sind nur sehr schwer aus dem Internet zu löschen. Bilder und persönliche Daten zum Beispiel können sich schnell verbreiten. Auch wenn andere dazu kein Recht haben, kann es sein, dass sie Informationen und Fotos auf dem Computer speichern, bearbeiten, verschicken oder irgendwo ins Internet stellen. Selbst wenn man solche Inhalte selber löscht, lassen sich diese Dateien vielleicht noch irgendwo im Internet finden.
Das Internet - Kein rechtsfreier Raum
Damit sich die Chatter friedlich miteinander unterhalten, gibt es Chat-Regeln ("Chatiquette") und die von den Betreibern erstellten AGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen). Sie enthalten die Rechte und Pflichten der Nutzer: Wie verhalte ich mich im Chat/in der Community? Worauf muss ich achten?...
Dies sind Regeln, die bei Missachtung zu Verwarnungen und zum Ausschluss aus dem Chat oder der Community führen können.
Daneben gibt es aber auch Gesetze, die für das jeweilige Land der Nutzer oder Betreiber der Internetangebote gelten. Dazu zählen insbesondere das Urheberrecht und das Recht am eigenen Bild, außerdem Gesetze zum Schutz vor problematischen Inhalten und sexuellen Übergriffen an Minderjährigen.
- Urheberrecht
Das Urheberrecht schützt das geistige Eigentum des Urhebers vor der unrechtmäßigen Nutzung Dritter. Das gilt für Fotos, Texte, Videos und Musik. Im Internet sind Urheberrechtsverletzungen an der Tagesordnung, zum Beispiel beim Hochladen von Fotos, Videos und Texten ins Internet. Dies verletzt das Urheberrecht an den Werken.
- Das Recht am eigenen Bild
Jeder Mensch hat die Rechte an seinem eigenen Bild. Das bedeutet: jeder Mensch darf bestimmen, ob, wann und wie ein Bild, auf dem er zu erkennen ist, veröffentlicht wird. Dieser Grundsatz hat große Bedeutung im Internet, denn hier werden oft Fotos und Videos hochgeladen, auf denen andere zu sehen sind.
- Verbotene Inhalte und Handlungen
Unzulässig sind beleidigende Äußerungen und auch Cyber-Mobbing kann strafrechtlich relevante Aspekte beinhalten (Bedrohungen, üble Nachrede, Verleumdungen). Verboten ist das Übermitteln oder Veröffentlichen von pornografischen, rechtsextremistischen und sonstigen unzulässigen Bildern oder Textinhalten.
Für Missbrauch/sexuelle Gewalt (zum Beispiel sexuelle Handlungen vor der Webcam) liegen die selben Grundsätze vor, wie im "realen" Leben. Hier ein Beispiel einer Rechtsprechung: "Sexueller Missbrauch an Kindern ist auch dann strafbar, wenn der Täter ausschließlich über das Internet Kontakt zu den Betroffenen hatte." Ein Urteil des deutschen Bundesgerichtshofs (BGH) setzt bei der Strafbarkeit bei sexuellem Missbrauch die räumliche Nähe von Täter und Opfer nicht voraus (Az: 1 StR 105/09 - Beschluss vom 21. April 2009). Dies gilt auch für über 14-Jährige, wenn sie Schutzbefohlene sind oder wenn eine Zwangslage ausgenutzt wird (§176, 174 und 182 StGB).
Anregungen für die Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern
Kinder und Jugendliche sollten in einer für ihren Entwicklungsstand angemessenen Art über die Gefahren im Netz und ihre Rechte aufgeklärt werden. Wissen sie, dass andere nicht das Recht haben, sie zu beleidigen, zu bedrohen oder zu belästigen und dass es Gesetze zu ihrem Schutz gibt, fällt es ihnen in vielen Fällen leichter, sich zu wehren und sich Hilfe zu holen. Auch der Umgang mit unangenehmen Situationen und vorliegenden Straftaten ist einfacher, wenn ihnen bewusst ist, dass die Schuld nicht bei ihnen selbst liegt.
Das Internet gehört zur Jugendkultur und ist Teil des Alltags von Kindern und Jugendlichen. Deshalb gilt es, ihnen das Chatten und Surfen nicht zu verbieten, sondern über Gefahren aufzuklären, Tipps weiterzugeben und sie - abhängig vom Alter - dabei zu unterstützen und zu begleiten. "Sicherheit im Internet" ist ein sehr komplexes Thema. Bieten Sie sich als Ansprechpartner an, damit Ihre Schülerinnen und Schüler über unangenehme Situationen im Internet sprechen können. Seien sie offen und möglichst wertfrei in Gesprächen über Erfahrung
- Informieren Sie sich bei Bedarf im Vorfeld und bieten Sie an, nachzuforschen, wenn Sie eine konkrete Frage nicht beantworten können. Hinweise - auch zu interessanten Broschüren/Flyer für Ihre Schülerinnen und Schüler - erhalten Sie unter dem Punkt "Weiterführende Links".
- Finden Sie heraus, wie aktuell das Thema in der Klasse ist: Wie verbreitet sind kommunikative Internet-Angebote? Wie viele Schülerinnen und Schüler chatten oder nutzen soziale Netzwerke? Fragen Sie in Ihrer Klasse nach, welche Angebote genutzt werden und bereiten Sie sich vor, indem Sie diese zum Beispiel ausprobieren oder mehr darüber in Erfahrung bringen.
- Besprechen Sie nicht nur die Gefahren, die im Internet lauern, sondern heben Sie gemeinsam mit Ihrer Klasse auch die positiven Seiten des Chattens hervor: Was macht Spaß? Warum werden die Angebote genutzt? Lassen Sie die Schülerinnen und Schüler von ihren eigenen Erfahrungen berichten und zeigen Sie Offenheit. So werden problematische Erfahrungen eher angesprochen. Greifen Sie die Beispiele der Jugendlichen auf, um einzelne Fragestellungen oder Aspekte zu bearbeiten.
- Versuchen Sie, in der Klasse einen gemeinsamen Wissensstand zu erarbeiten. Unerfahrene Internet-Nutzer trauen sich oft nicht nachzufragen, wenn Inhalte unklar sind. Diese werden gut mit einbezogen, wenn möglichst oft Parallelen zur "realen Welt" gezogen werden. Im gemeinsamen Gespräch können thematische Schwerpunkte und mögliche Wissenslücken ausfindig gemacht bzw. Missverständnisse früh beseitigt werden. Angebote und Elemente sowie Nachfragen können von den Schülerinnen und Schülern, die sich gut auskennen, erklärt und beantwortet werden.